"Flörsheimer erfolgreich bei der Meisterschaft"
Dass es Country- und Westerntänzern an Selbstbewusstsein mangelt, kann
nicht gerade behauptet werden. Eigentlich war eine Pause bei den
Deutschen Meisterschaften in der Stadthalle vorgesehen. Doch so etwas
gibt es bei den Menschen mit dem Faible für die gediegene amerikanische
Musik nicht. Als der lässige Song «Baby Work-out» von Jackie Wilson
ertönte, hielt es die Leute gleich reihenweise nicht mehr auf den
Sitzen. Ein Cowboy, der ganz in Weiß als John-Wayne-Verschnitt
durchging, eine Saloon-Dame im schwarzen Abendkleid, Männer in Jeans
und Cowboystiefeln, aber auch Jugendliche in ganz normalen
Freizeitklamotten und Turnschuhen – sie alle bewegten sich ebenso
ungezwungen wie enthusiastisch in den gleichen Schrittfolgen zur Musik.
«Bei uns steht das Vereinsleben im Vordergrund. Bei anderen Vereinen
ist das ein Tabu, aber bei uns tanzen Jung und Alt einfach zusammen»,
erklärte Tine Knisell, die Zweite Vorsitzende des Bundesverbandes für
Country- und Westerntanzes. Der Zusammenschluss von rund 30 Vereinen
mit insgesamt über 1000 Tänzern in ganz Deutschland durfte nach der
Aufnahme beim Deutschen Sportbund vor drei Jahren zum zweiten Mal
nationale Meisterschaften durchführen. Dass dafür die Flörsheimer
Stadthalle gewählt wurde, lag an Schriftführer Wolfgang Truss – der
Mann ist Flörsheimer – und der Nähe zum Frankfurter Flughafen.
Schließlich wurden für die Wettkämpfe extra aus Holland und England
Wertungsrichter eingeflogen.
Beim Country- und Westerntanz, der in den Vereinigten Staaten sehr
populär ist, in Deutschland aber natürlich keine Tradition hat, wird
zwischen dem «Line-Dance» unterschieden, bei dem Solisten oder Partner
sich wie auf Linien bewegen, und dem Partner- beziehungsweise
Team-Tanz, bei dem bekannte Schrittfolgen aus dem Walzer, Polka oder
Two-Step gezeigt werden.
Mindestens genauso wichtig wie die sportliche Leistung ist jedoch das
Erscheinungsbild. Da gibt es strenge Vorschriften, dass die Teilnehmer
auch wie ein Cowboy oder Cowgirl ausschauen. «Ein Männerhemd muss einen
Yoke haben», erklärte Tine Knisell. Das ist eine farbliche Abtrennung
an den Schultern in Form der Buchstaben «W» oder «V». Western-Kleidung
wie Jeans oder Röcke seien ebenfalls Pflicht. Ob sich die Tänzer dann
noch spezielle «Dancing Boots» – ein Schuhwerk für 250 bis 300 Euro –
zulegen, bliebe aber ihnen überlassen. Das Tanzen fiele damit
jedenfalls leichter. Ein klassisches Outfit respektive Auftreten im
Stile von Jonny Cash – also Cowboyhut, Jeans, Stiefel und die Hände
stets am Ledergürtel – sei laut Tine Knisell nicht mehr die Regel,
stelle aber schon noch Ausnahmen dar. Schon einen Tag vor den
Wettbewerben wurden die mehr als 100 Teilnehmer aus Thüringen, Bayern,
Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mit
Country-Musik eingestimmt, während des zweitägigen sportlichen
Vergleichs wurden dann «Workshops» für Anfänger durchgeführt, und am
Samstagabend gab es eine «Country-Night» in der Stadthalle, bei der zum
Beispiel die «Super-Stars» Roy Hardysubroto, Jonny Two-Step und Alice
Berini mitwirkten.
Zwei Flörsheimer hatten bei den Wettbewerben ihren großen Auftritt:
Dominique Schlicher und Jörg Alfter tanzen sonst bei den
Country-Freunden Wiesbaden und überzeugten nun bei ihrem «Heimspiel»:
Alfter gewann die Line-Dance-Division «Starter», Schlicher wurde bei
den weiblichen «Newcomern» Zweite. (rem)
Quelle: Höchster Kreisblatt vom 19.10.2005